Einleitung
Warum dieser ganze Aufwand?
Testautomatisierung klingt erstmal cool: Einmal klicken, Kaffee holen, und der Rechner prüft brav alles durch. In der Praxis sieht’s aber oft anders aus: Fragile Tests, unverständliche Skripte und ständiges Nachbessern. Warum ist das so?
Meine persönliche Antwort begann 2003. Damals malte ich einen einfachen Graphen aufs Flipchart: Am Anfang hat man fast die komplette Kapazität für das Erstellen neuer Tests – doch mit der Zeit frisst die Wartung immer mehr davon auf. Irgendwann bleibt kaum noch Energie für neue Testfälle. Und was noch schlimmer ist: Selbst die bestehenden Tests laufen immer seltener fehlerfrei durch.
Das war der Moment, in dem mir klar wurde: So kann das nicht bleiben. Und weil kaum jemand in der Branche sich ernsthaft für Testautomatisierung interessierte, fing ich an, selbst nach Lösungen zu suchen.
Das war übrigens die Zeit, in der "Testautomatisierung" noch als exotisches Hobby galt – und meine Sorgen bestenfalls für ein höfliches Nicken sorgten.
Seitdem habe ich Methoden, Prinzipien und Werkzeuge gesammelt – viele verworfen, einige weiterentwickelt – mit dem Ziel, Testautomatisierung nachhaltig wartbar zu machen.
Testautomatisierung: Wenn Wartung alles auffrisst

Abb. 1: Qualitative Darstellung des Ressourcenverbrauchs in der Testautomatisierung über die Zeit.
Dieses Diagramm stammt aus dem Jahr 2003 und zeigt ein wiederkehrendes Problem: Anfangs wird fast die gesamte Kapazität für die Erstellung neuer Tests (blau) verwendet. Doch mit der Zeit steigt der Wartungsaufwand (rot), bis schließlich kaum noch neue Tests entstehen.
Der grüne Graph zeigt die Gesamtzahl aller Testfälle, die – durch fehlende Kapazität – immer langsamer wächst. Besonders kritisch: Die Zahl der tatsächlich lauffähigen Tests (dargestellt als Punkte) sinkt mit der Zeit sogar – obwohl neue Tests hinzukommen. Ein Zeichen dafür, dass Wartung, Stabilität und Wiederverwendbarkeit zu wenig berücksichtigt wurden.
👉 Dieses Problem war für mich der Auslöser, nach Prinzipien zu suchen, die den Aufwand dauerhaft reduzieren – viele davon findest du in diesem Buch.
Was erwartet dich in diesem Abschnitt?
Bevor wir zu den konkreten Lösungen kommen, schauen wir uns erstmal die typischen Ursachen für den Aufwand an:
Warum Tests oft nicht wiederverwendbar sind.
Wieso kleine Änderungen an der Software plötzlich große Testprobleme machen.
Warum gute Absichten (und Copy & Paste) selten zu wartbaren Tests führen.
Und warum Entwickler manchmal auf Unit-Tests verzichten – obwohl sie es besser wissen.
Ziel ist es, ein Gefühl für typische Stolperfallen zu bekommen. Denn wer die Probleme verstanden hat, kann später gezielt zu den passenden Lösungen greifen.
➡️ In den nächsten Kapiteln findest du dann genau diese Lösungen: Prinzipien, Konzepte und konkrete Beispiele, wie du den Testaufwand radikal senken kannst – und dabei sogar stabilere Tests bekommst.
Zuletzt aktualisiert